Erzeugung eines Digitalen Zwillings eines Vliesstoffes
Analyse des Vliesstoffes und Modellierung eines Digitalen Zwillings anhand eines µCT-Scans
Die Weiterentwicklung von Textilien spielt in fast allen Bereichen des Lebens eine wichtige Rolle. Vliesstoffe können hierbei einen wichtigen Beitrag leisten, da sie sich durch ihre Vielseitigkeit, Haltbarkeit, Saugfähigkeit, Kosteneffizienz und einfache Herstellung auszeichnen.
Je nach geplanter Anwendung der Vliesstoffe müssen diese eine Vielzahl von unterschiedlichen Eigenschaften aufweisen. Neben Fasertyp und Fasereigenschaften sowie den individuellen Herstellparameter zählt auch der Bindungstyp zu den charakteristischen Besonderheiten.
Im folgenden Beispiel wird mit GeoDict ein Vliesstoff anhand eines µCT-Scans nachgebildet und daraus ein digitaler Zwilling erstellt. Mithilfe des digitalen Zwillings lassen sich eine Vielzahl von mechanischen und physikalischen Eigenschaften berechnen. So kann der Vliesstoff durch das Variieren und Verbessern des digitalen Modells optimiert werden.
Was war das Ergebnis?
- Modellierung eines Vliesstoffs durch den Import und die anschließende Segmentierung eines µCT-Scans mittels ImportGeo-Vol
- Durchführung einer Faseranalyse mit dem Modul FiberFind-AI
- Generierung eines digitalen Zwillings auf Basis der FiberFind-AI Ergebnisse
- Berechnung der physikalischen Eigenschaften auf Basis des µCT-Scans und des erstellten digitalen Zwillings
Autoren und Anwendungsspezialisten

Dr.-Ing. Martina Hümbert
Senior Business Manager
for Digital Materials R&D


Andreas Grießer, M.Sc.
Senior Business Manager
for Image Processing and Image Analysis
Schritt 1: Import, Bildbearbeitung und Segmentierung des µCT-Scans eines Vliesstoffes
Vorgehensweise
Im ersten Schritt wird der µCT-Scan des Vliesstoffes importiert und mithilfe des Moduls ImportGeo-Vol nachbearbeitet. Dabei stehen über 25 verschiedene Bildfilter zur Verfügung und die Bildparameter (z. B. Größe oder Aussrichtung) können verändert werden. Im Anschluss wird der µCT-Scan segmentiert.
- In ImportGeo-Vol können alle gewünschten Daten mit nur einem Klick geladen werden.
- 3D-Bilder können unkompliziert und schnell segmentiert, sowie die Bildqualität nachträglich durch entsprechende Filter verbessert werden.
- Gewünschte Parameter, wie z. B. die Auswahl der Materialien oder der Segmentierungsschwellwert (Threshold), lassen sich auch noch nach der Segmentierung bearbeiten und die Struktur entsprechend ausrichten oder drehen.
- Die erzeugte Mikrostruktur kann in Gesamt- und Schnittansichten, sowie in 2D oder 3D in GeoDict dargestellt werden. Dadurch lässt sich die Mikrostruktur aus allen Richtungen genau betrachten.
µCT-Scans importieren
µCT-Scans werden mit ImportGeo-Vol einfach in GeoDict importiert und als Grauwertbilder dargestellt. Dabei können Transparenz und Grauwertbereich angepasst werden. Für die Bildbearbeitung des Grauwertbildes stehen in ImportGeo-Vol zahlreiche Filter wie z. B. Rauschfilter, Schärfefilter, Artefaktfilter und Curtaining-Filter zur Verfügung. Je besser die Qualität des Grauwertbildes ist, desto schneller und präziser erfolgt die Segmentierung des Bildes im nächsten Schritt.
Für die Segmentierung kann der Schwellwert entweder manuell, automatisch (Otsu oder KMeans) oder mit Hilfe von künstlicher Intelligenz festgelegt werden.
µCT-Scan segmentieren
In der Segmentierung wird den Fasern eine Material-ID zugewiesen und man erhält eine Struktur, die für jede benötigte Rechnung oder Simulation verwendet werden kann. Da GeoDict direkt auf Voxelstrukturen arbeitet, ist keinerlei Vernetzung der Fasern nötig und es können Simulationen direkt auf der segmentierten Struktur durchgeführt werden.
Schritt 2: Statistische Analyse der Fasern und Erstellung eines digitalen Zwillings
Vorgehensweise
Für die Erzeugung eines digitalen Zwilling muss die Struktur des Vliesstoffes zuerst analysiert werden. Mit FiberFind-AI wurde eine genaue Analyse der geometrischen Eigenschaften der Mikrostruktur durchgeführt.
Danach wurde basierend auf den Ergebnissen der Analyse mit FiberGeo schnell und einfach ein digitaler Zwilling der Mikrostruktur erzeugt. Auf diesem digitalen Zwilling lassen sich im Anschluss verschiedene Simulationen und Rechnungen durchführen. Der digitale Zwilling ist somit eine wertvolle Grundlage für die digitale Weiterentwicklung des Vliesstoffes.
Fasern mit FiberFind-AI analysieren
Die Analyse der segmentierten Fasern mit FiberFind-AI liefert wichtige Informationen wie den Faserdurchmesser, die Faserkrümmung, sowie die Orientierung der einzelnen Fasern in der Mikrostruktur.
In Abb. 4 wird beispielsweise die Verteilung der Faserkrümmung der beiden Strukturen im Vergleich gezeigt.

Digitalen Zwilling mit FiberGeo generieren
Anhand der Ergebnisse aus FiberFind-AI kann nun in FiberGeo ein digitaler Zwilling automatisch generiert werden.
Schritt 3: Simulation der Permeabilität
Vorgehensweise
Nach der Strukturerstellung können die Eigenschaften des Vliesstoffs direkt und einfach berechnet werden. Anhand dieser Ergebnisse kann man den µCT-Scan und den digitalen Zwilling vergleichen. Dabei können sowohl die Faserstruktur analysiert, als auch verschiedene statistische Charakteristika ausgewertet werden. Desweiteren lassen sich die physikalischen Eigenschaften des Zwillings und der Originialstruktur vergleichen. In Abb. 7 wurde beispielsweise die Permeabilität berechnet und verglichen.
Mithilfe von FlowDict erhält man den Permeabilitätstensor, sowie die Werte für die mittlere Fließgeschwindigkeit bei einem gegebenen Druckabfall, die geschätzte Reynoldszahl und den Gurley-Wert in den ausgewählten Berechnungsrichtungen. In den Ergebnissen ist es zudem möglich, die Diagramme für den Druck, die Geschwindigkeit und die Konvergenz einzusehen.
Simulation der Permeabilität mithilfe von FlowDict
Die berechnete Permeabilität des digitalen Zwillings weicht dabei in der entscheidenden Dickenrichtung (z-Richtung) lediglich um 5,6 % von der Permeabilität des originalen Vliesstoffes ab.


Danksagung
Wir danken der Reifenhäuser Reicofil GmbH & Co. KG dafür, das sie uns für diese GeoDict Anwendung das Material wie die Probe C zur Verfügung gestellt haben.