Flüssigimprägnierverfahren von Fasergelegen
Strukturgeneration von Fasergelegen & Analyse von mechanischen und strömungsdynamischen Eigenschaften
Harzinjektionsverfahren werden zur Herstellung von Verbundwerkstoffbauteilen genutzt, indem ein textiles Halbzeug mit einem flüssigen, duroplastischen Harz imprägniert wird. Der Imprägnierprozess ist hierbei maßgeblich für die Bauteilqualität verantwortlich. Daher ist ein genaues Verständnis der Imprägniervorgänge von großer Bedeutung.
Füllsimulationen auf Bauteilebene sind etablierte Werkzeuge der Prozessoptimierung. Sie sind jedoch nur aussagekräftig, wenn die Imprägniereigenschaften des Textils auf Mikro- bzw. Faserebene sowie auf Meso- bzw. Rovingebene bekannt sind. Hierzu kann die Permeabilität in aufwändigen Versuchen gemessen werden. Eine Simulation auf Mikro- und Mesoebe in GeoDict kann diesen experimentellen Aufwand deutlich reduzieren. Einen Workflow hierfür haben wir mit dem Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe im Rahmen des Projekts Math2Composites entwickelt und in einer GeoApp umgesetzt:
- Import und Analyse eines µCT-Scans eines Glasfasergeleges
- Ermittlung der Permeabilität der Einzelrovings
- Erzeugung eines Gewebemodells in GeoDict, das durch Komprimierung zum digitalen Zwilling des Glasfasergeleges wird
- Kalibrierung des digitalen Zwillings an Permeabilitätsmessungen
Was war das Ergebnis?
- Mithilfe der Daten aus einem µCT-Scan können Textilien originalgetreu in GeoDict dargestellt werden.
- Die Kompaktierung von Textilien kann durch die Mechaniksimulation in GeoDict sehr gut nachgebildet werden.
- Mittels Strömungssimulationen können mit GeoDict die Permeabilitäten mit guter Genauigkeit vorhergesagt werden.
Was bedeutet das für unsere Anwender?
- Sie können unsere GeoApp nutzen um die Permeabilität Ihres Textils zu bestimmen.
- Alle Erkenntnisse fließen in die Weiterentwicklung von GeoDict ein.
- Profitieren Sie von den wissenschaftlichen Veröffentlichungen unserer Partner.
Autoren und Anwendungsspezialisten


Dr.-Ing. Martina Hümbert
Senior Business Manager
for Digital Materials R&D

Aaron Widera, M.Sc.
Sales Engineer
for Digital Materials R&D
Teil 1: Implementierung der µCT-Scans in ImportGeo-Vol
Vorgehensweise
In GeoDict lassen sich mithilfe des Moduls ImportGeo-Vol verschiedene Dateiformate implementieren. Dabei werden über 25 Dateiformate von GeoDict unterstützt.
- Mithilfe des ImportGeo-Vol Moduls können alle gewünschten Daten mit nur einem Klick geladen, sowie die gewünschte Voxellänge individuell angepasst werden.
- 3D-Bilder können unkompliziert und schnell segmentiert, sowie die Bildqualität nachträglich durch entsprechende Filter verbessert werden.
- Gewünschte Parameter, wie z. B. die Auswahl der Materialien oder der Segmentierungsschwellwert (Threshold), lassen sich auch noch nach der Segmentierung bearbeiten und die Struktur entsprechend ausrichten oder drehen.
- Die erzeugte Struktur kann in Gesamt- und Schnittansichten, sowie in 2D oder 3D in GeoDict dargestellt werden. Dadurch lässt sich die Struktur von allen Seiten und Winkeln genau betrachten.
Schnell und einfach µCt-Scans in GeoDict importieren
Aufgenommene µCT-Scans können daher schnell und unkompliziert in GeoDict geladen und als Grauwertbild abgebildet werden. Dabei könne auch Transparenz und Grauwertbereich angepasst werden. Das Grauwertbild kann mithilfe der vielen in GeoDict verfügbaren Bildfiltern verbessert und angepasst werden. Dadurch lässt sich die Qualität des Bildes optimal steigern, wodurch es sich im nächsten Schritt schnell und einfach segmentieren lässt.
Desweiteren lassen sich z. B. Kontrast, Helligkeit oder mögliches Flackern korrigieren.
Segmentierung der µCT-Scans in GeoDict
In der Segmentierung wird den Fasern eine Material-ID zugewiesen und man erhält eine Struktur, die für jede benötigte Rechnung oder Simulation verwendet werden kann. Da GeoDict direkt auf Voxelstrukturen arbeitet, ist keinerlei Vernetzung der Fasern nötig und es können direkt Simulationen auf der segmentierten Struktur durchgeführt werden.
Teil 2: Generierung der Faserstrukturen mithilfe von FiberGeo
Vorgehensweise
Mithilfe der Datenblätter des Originalgelege wurden durch das Modul FiberGeo die verschiedenen Gelegeschichten erstellt. Dabei wurden die durch den Lagenaufbau verschiedenen Richtungen der Schichten (0°und 90°) berücksichtigt, welche sich im Gelege abwechseln. Nach der Strukturerstellung der einzelnen Schichten werden jeweils auf beiden Schichten die mechanischen Eigenschaften mithilfe einer Simulation in ElastoDict berechnet. Diese Berechnungen sind ein wichtiger Bestandteil der anschließenden Simulation und Rechnung auf dem Gesamtgelege.
Die mechanischen Simulationen wurden basierend auf den µCT-Scans der unkomprimierten Proben durchgeführt. ElastoDict verwendet den FFT-basierten Voxel-Löser FeelMath. Das bedeutet, dass die mechanische Simulation direkt auf dem µCT-Scan ausgeführt werden kann, ohne dass eine Netzgenerierung erforderlich ist. Darüber hinaus ermöglicht dieser Solver die Simulation von großen Kompressionen von Faser, was bei standardmäßigen FE-basierten Solvern oft eine Herausforderung darstellt.


Bestimmung von Permeabilitätseigenschaften und Fließgeschwindigkeit für das Abbild des Originalgeleges
Nach der Strukturerstellung können die Eigenschaften des Geleges direkt und einfach berechnet werden. Mithilfe von FlowDict erhält man den Permeabilitätstensor, sowie die Werte für die mittlere Fließgeschwindigkeit bei einem gegebenen Druckabfall, die geschätzte Reynoldszahl und den Gurley-Wert in den ausgewählten Berechnungsrichtungen.
In den Ergebnissen ist es zudem möglich, die Diagramme für den Druck, die Geschwindigkeit und die Konvergenz einzusehen.
Teil 3: Erzeugung des Gesamtfasergeleges mithilfe der GeoApp und Berechnung der Permeabilität mittels Strömungssimulation
Normalerweise wird ein Fasergelege in das vorbereitete Werkzeug eingelegt und kompaktiert. Diese experimentell durchgeführte Kompaktierung wird in GeoDict ganz einfach mit dem Mechaniklöser ElastoDict modelliert. Um die Handhabung so simpel wie möglich zu gestalten, wurde von Math2Market eine spezielle GeoApp entwickelt. Diese Geo App verfügt über eine Vielzahl von gängigen Workflows und gibt dem User zusätzlich die Möglichkeit eigene Workflows zu erstellen und als Python Skripte zu speichern. Dadurch lassen sich beliebige Abläufe unkompliziert und schnell wiederholen oder verändern.
Mithilfe der generierten Daten aus den zwei vorherigen Teilen kann daraufhin das gesamte Fasergelege in GeoDict dargestellt werden. Dafür werden die Anzahl der Lagen, die Abstände zwischen den Lagen, sowie die Höhe und Breite der Glasfasern in die GeoApp eingegeben, um ein exaktes Abbild des Geleges zu erhalten. Die GeoApp kann zudem die erzeugte Struktur komprimieren, wodurch sich der reale Prozess der textilen Kompaktierung realitätsnah nachbilden lässt.
Falls weitere Daten benötigt werden, können darüber hinaus eine Vielzahl von Simulationen durchgeführt werden. In diesem Simulationsbeispiel wurde eine Durchfluss-Simulation zur Permeabilitätsbestimmung auf dem komprimierten Glassfasergelege durchgeführt. So lässt sich z. B. der Einspritzvorgang des Epoxidharzes beim RTM Vorgang exakt nachstellen.
Nachbau des Original Fasergeleges mit GeoDict

Die komprimierten Fasern lassen sich im µCT-Scan deutlich erkennen und wurden mithilfe von GeoDict als komprimierte 3D-Struktur nachgebildet. Mithilfe des digitalen Models lassen sich Auswirkungen auf die komprimierte Struktur direkt simulieren und berechnen.
Kalibrierung des Fasergeleges
Mit unserem Kooperationspartner IVW wurden Permeabilitätsmessungen auf dem Fasergelege durchgeführt. Dabei wurden die erhaltene Ergebnisse auf 50 % Kompression kalibriert und im Anschluss validiert. Das kalibrierte Modell lässt sich im folgenden zudem erfolgreich auf eine 60 % Kompression übertragen. Im Vergleich zeigen die Ergebnisse nur eine geringe Abweichung von 27 %.

Da bei Kompressionsmessungen Abweichungen von 100 % gängig sind, zeigen die Berechnungen mit GeoDict eine deutliche Verbesserung der Ergebnisse im Vergleich zu Laborergebnissen und steigert zusätzlich die Effizienz durch die softwarebasierte Simulation.
Danksagung
Wir danken unseren Partnern des Leibniz-Institutes für Verbundwerkstoffe (IVW) für die hervorragende und angenehme Zusammenarbeit, sowie für die Bereitstellung der µCT-Scans und der experimentellen Daten.

Institut für Verbundwerkstoffe (IVW)
Erwin-Schrödinger-Straße
67663 Kaiserslautern
Das Projekt "Math2Composites" wurde gefördert durch das ZIM-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi),
Förderkennzeichen: ZF40523110EB6


Im Zusammenhang der Kooperation entstandene folgende Publikationen
- Schmidt T. et al., A Novel Simulative-Experimental Approach to Determine the Permeability of Technical Textiles, Key Engineering Materials, vol.809, Trans Tech Publications, June 2019, 1662-9795.
- Rimmel O. et al., Modeling transverse micro flow in dry fiber placement preforms, Journal of Composite Materials, Nov. 2019, 1691-1703, https://doi.org/10.1177/0021998319884612.