Berücksichtigung von anisotroper Diffusion im Aktivmaterial in Ladesimulationen
Nachbildung des Effekts der Graphit-Kornorientierung
Mikrostruktursimulationen mit BatteryDict in GeoDict erlauben es, die genaue Ionenströme sowie Lithium-Konzentrationsänderungen innerhalb der Batterieelektrode unter verschiedensten Ladeprofilen (konstante Laderate, konstanter Strom, konstante Spannung) nachzuvollziehen.
Dabei gilt es zu beachten, dass verbreitete Batterie-Aktivmaterialien wie z.B. Graphit aufgrund ihrer atomaren Struktur eine starke Richtungsabhängigkeit in der Lithium-Ionendiffusion aufweisen. Zum Beispiel ist in Graphit die Diffusion entlang der Graphen-Ebenen aus kovalent gebundenen Kohlenstoffatomen (Dpara = 4.4E-10 m²/s) um sechs Größenordnungen höher, als senkrecht zu den Graphenebenen (Dperp = 8.7E-16 m²/s) [1].
In der Praxis findet somit der Lithium-Ionentransport innerhalb eines Graphit-Korns nur entlang der Graphen-Ebenen statt, während der Ionenstransport senkrecht zu den Graphen-Ebenen vernachlässigt werde kann.
Autoren und Anwendungsspezialisten
Dr. Erik Glatt
Chief Technology Officer (CTO)
Dr. Fabian Biebl
Software Engineer
Beispiel 1: Synthetisch hergestellte Graphitelektrode
GeoDict erlaubt es, die anisotropen Diffusionseigenschaften im Zusammenspiel mit der Mikrostruktur der Elektrode während des Lade- und Entladevorgangs zu berücksichtigen. Dafür werden die Graphit-Körner mit einem Streifenmuster bestehend aus zwei verschiedenen Material-IDs simuliert. Das Simulationsmodell von BatteryDict stellt automatisch sicher, dass der Ionenaustausch zwischen den verschiedenen Material-IDs im Aktivmaterial verhindert wird, d.h. dass es nicht zu einem Ionenfluss senkrecht zum Streifenmuster kommen kann.
Die Strukturgeneratoren von GeoDict ermöglichen es, mit wenigen Mausklicks eine entsprechende Mikrostruktur zu erstellen. Für jedes elliptische Graphit-Korn wird durch das Streifenmuster verhindert, dass die Diffusion entlang der kurzen Achse, d.h. senkrecht zu den Graphen-Ebenen statt findet.
Der Effekt der richtungsabhhängigen Diffusion im Graphit kann im Ergebnis der Ladesimulation beobachtet werden. Im Beispiel wurde die in Abb. 1 gezeigte Graphit-Elektrode bei einer Laderate von 2C bis zur Abschaltspannung von 0.01 V gezeigt.
Die Ladesimulation unter Berücksichtigung der anisotropen Diffusivität von Graphit mit Hilfe der gestreiften Struktur (blau) zeigt einen schnelleren Abfall des Elektrodenpotentials vs Li/Li+ während der Lithiierung als eine Vergleichssimulation, in der die Diffusivität von Graphit als isotrop angesehen wird (rot).
Beispiel 2: Graphitelektrode modelliert aus importiertem Scan
Die anisotrope Diffusivität kann auch auf Mikrostrukturen angewendet werden, die aus importierten µCT/FIB-SEM Scans modeliert wurden. Dafür werden mit Identify Grains im Modul GrainFind die einzelnen Graphit-Körner in der importierten Struktur erkannt und für jedes Korn ein Linienmuster angewandt.
Auch auf solch einer Struktur wird ein Effekt der der anisotropen Diffusion auf die Ladekurve beobachtet. In Abb. 4 ist das BatteryDict-Ergebnis mit dem Vergleich der Elektrodenpotenitiale bei einer Laderate von 2C zu sehen. Das Elektrodenpotentital ist geringer, wenn die anisotrope Diffusivität berücksichtigt wird. Ebenso wie bei dem ersten Beispiel ist die Lithiierung der gescannten Graphitelektrode unter Berücksichtigung der anisotropen Diffusivität inhomogener, wodurch das Elektrodenpotential im Vergleich zu isotroper Diffusivität bereits bei geringeren übertragenen Kapazitäten abfällt.
Tutorials
Referenzen:
[1] K. Persson et al., “Lithium Diffusion in Graphitic Carbon,” J. Phys. Chem. Lett., vol. 1, no. 8, pp. 1176–1180, Apr. 2010, doi: 10.1021/jz100188d.
[2] J. Sandherr et al., “Micro embossing of graphite-based anodes for lithium-ion batteries to improve cell performance,” Journal of Energy Storage, vol. 65, p. 107359, Aug. 2023, doi: 10.1016/j.est.2023.107359.